Auping: Launcht weitere komplett zirkuläre Matratzen

Ehrgeizige Ziele

Auping treibt sein Umweltengagement weiter voran. So setzt der niederländische Hersteller alles daran, seine bereits „grüne Fabrik“ in Deventer noch nachhaltiger zu machen. Zudem hat das Unternehmen jetzt zwei weitere „Evolve“-Matratzen gelauncht, die vollständig zirkulär sind. Die „möbel kultur“ sprach mit Category Managerin Inga Arling und Morten Lund Petersen, Director Innovation & Sustainability, über die Pläne des Unternehmens und die Besonderheiten der neuen Matratzen.

möbel kultur: Das Thema Nachhaltigkeit ist Auping besonders wichtig. Seit einem Jahr dürfen Sie sich als zertifizierte „B Corporation“ bzw. „B Corp“ bezeichnen. Was genau bedeutet das?
Morten Lund Petersen: „B Corp“ ist ein internationales Netzwerk von Unternehmen, die mit ihren Produkten und Dienstleistungen einen wesentlichen Beitrag zu einer besseren Welt leisten. Firmen mit einem solchen Zertifikat streben nach den höchsten Standards in Bezug auf ihre soziale und ökologische Leistung, gesellschaftliche Verantwortung und Transparenz. Es geht darum, Wirtschaft als Kraft für das Gute zu nutzen. Auping zum Beispiel hat sich ausdrücklich zum Ziel gesetzt, die Welt auch für zukünftige Generationen lebenswert, gesund und sicher zu erhalten. Wir streben ein 100 Prozent zirkuläres Geschäftsmodell bis 2030 an. Wir möchten unsere soziale Rolle als Unternehmen wahrnehmen und dem zukünftig noch mehr Nachdruck verleihen. Auf dem Weg dahin scheuen wir uns nicht vor Risiken, Herausforderungen und Anstrengungen. Den „B Corp“-Status zu erhalten, war beispielsweise eine Herausforderung, die uns Monate gekostet hat. Es ist nicht irgendein Zertifikat; die Messlatte ist hoch angesetzt. Es war aber auch ein sehr inspirierender Prozess und eine gute Gelegenheit, uns selbst einen Spiegel vorzuhalten. In welchen Bereichen sind wir gut und wo können wir uns verbessern?

möbel kultur: Sie legen großen Wert auf eine umweltschonende Fertigung. Wie sieht das genau in der Umsetzung aus?
Morten Lund Petersen: Seit 2015 ist unsere Fabrik in Deventer eine „grüne Fabrik“. Das bedeutet, wir haben im Hinblick auf Licht, Temperaturregelung und Wasserverbrauch auf nachhaltige Methoden umgestellt. Um einige Beispiele zu nennen: Im Sommer speichern wir die freigesetzte Wärme in der Erde und greifen darauf zurück, wenn die Temperatur sinkt. Auf ähnliche Weise verfahren wir mit der Kälte des Winters. So sind wir weder auf eine Klimaanlage noch Zentralheizung angewiesen. Um bei Licht und Strom zu sparen, nutzen wir so viel Sonnenlicht wie möglich. Dabei hilft unsere Solaranlage auf dem Dach. Darüber hinaus verwenden wir das Trinkwasser – wie der Name schon sagt – zum Trinken. Das Wasser, das bei der Herstellung von Betten benötigt wird, läuft in einem geschlossenen System und unsere Toiletten spülen wir mit Regenwasser.
Unter anderem mit diesen Maßnahmen hat unsere grüne Fabrik im Vergleich zu 2010 bereits erhebliche Mengen an Energie und fossilen Brennstoffen eingespart: Konkret bedeutet dies, 90 Prozent weniger Erdgas, 60 Prozent weniger Wasser, 30 Prozent weniger Strom. Und wir sind noch lange nicht fertig. Unser nächster großer Schritt ist, den letzten Teil unseres Erdgasverbrauchs durch Wasserstoff zu ersetzen. Wir hören nicht auf, bis wir klimapositiv sind.

möbel kultur: Im vergangenen Jahr haben Sie mit „Evolve“ eine vollständig zirkuläre Matratze gelauncht. Was ist das Besondere
an dem Produkt?

Inga Arling: Die „Evolve“ besteht nur aus zwei Komponenten: Stahl und Polyester. Beide Materialien können ohne Qualitätsverlust recycelt werden. Das innovative Haftmittel von unserem Partner Niaga verbindet die einzelnen Schichten der Matratze miteinander. Im Recyclingprozess können die Materialien durch Temperatureinwirkung rückstandslos wieder voneinander getrennt und auf die Rohstoffe zurückgeführt werden. Mit dem in der Branche derzeit einzigartigen „Circularity Passport“ kommunizieren wir transparent die Zulieferer und deren Standorte. Wir möchten gemeinsam mit unseren Partnern mit positiven Beispiel vorangehen und diese zukunftsfähige Technologie teilen. Meines Erachtens hat vor allem diese Tatsache für branchenweites Erstaunen gesorgt. Nicht zuletzt möchten wir Matratzen nicht nur in den Verkehr bringen, sondern durch eine Produktregistrierung den Rohstoff auch zurückführen können. Nur so schließt sich der Kreis.

möbel kultur: Die Markteinführung der „Evolve“ wurde von einer Aufklärungskampagne begleitet. Wie sah diese aus?
Inga Arling: Um ein Problem zu beheben, muss man es erst erkennen. Deshalb soll die begleitende Kampagne mit dem Titel „Die Geschichte der 35 Millionen Matratzen“ den Verbraucher auf das große Umweltproblem aufmerksam machen, dass allein in Europa durch die Entsorgung von ebenso vielen nicht recycelbaren Matratzen jedes Jahr entsteht. Zudem muss noch ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, wie genau sich Nachhaltigkeit ausgestaltet. Denn es besteht ein Unterschied zwischen recycelten und zirkulären Materialien. Recycling bedeutet oft, dass die Materialien nur ein einziges Mal zu minderwertigen Produkten wiederverwertet werden. Zirkuläre Materialien können hingegen immer wieder ohne Qualitätsverlust neu eingesetzt werden und sind damit die nachhaltigere Wahl. Gedreht haben wir dafür einen Stop-Motion Film, bei dem entsorgte Matratzen – die Verursacher des Umweltproblems – zur Leinwand für die erzählte Geschichte werden. Zu sehen ist der Film über die sozialen Medien und in den Niederlanden im TV.

möbel kultur: Was kann die Branche noch unternehmen, um mehr nachhaltige Lösungen anzubieten?
Inga Arling: Auping spielt eine vitale Rolle, um zukunftsfähige Lösungen voranzutreiben. Wir sind zudem hoch motiviert, das Thema gemeinschaftlich mit der Industrie anzugehen. Es werden parallel viele Schritte unternommen, die Branche erwacht sprichwörtlich aus ihrem Dornröschenschlaf. Die Notwendigkeit wird jedoch nicht durchweg identisch erlebt um den nächsten Gang einzulegen. Daher ein Appell an alle: Springt noch auf – und lasst uns gemeinsam für Tempo sorgen!

möbel kultur: Jetzt haben Sie zwei weitere „Evolve“-Matratzen entwickelt. Was kennzeichnet die Neuheiten und wie werden diese in Zeiten von Messe-Absagen dem Handel vorgestellt?
Inga Arling: Kreislauffähigkeit als USP steht beim Endkunden bis jetzt noch nicht an vorderster Stelle, sollte jedoch als Selbstverständlichkeit gesehen werden. Wir möchten, dass ein jeder auf unseren Matratzen ergonomisch gut liegt. Darum erweitern wir die Linie mit zwei zusätzlichen Varianten, die auf verschiedene Körperformen zugeschnitten. So findet jeder eine nachhaltige Matratze, die basierend auf dem eigenem Körperbau, die ergonomisch richtige Unterstützung bietet. Wir möchten damit nicht nur die Suche und Beratung vereinfachen, sondern vor allem die Bedürfnisse des Kunden voranstellen:
„Richtig“ (= ergonomisch) gut schlafen! Persönlich finde ich es vor allem nennenswert, dass Paare die Möglichkeit haben trotz unterschiedlichem Körperbau und BMI ihre „Evolve“-Matratzen dank identischer Bauhöhe und Preispunkt zu kombinieren. Klingt logisch, wird aber absurderweise in der Bedding-Branche praktisch nicht angeboten. Natürlich hätten wir die Erweiterungen gerne auf Messen vorgestellt. Aber Not macht erfinderisch: Durch die Lockdown-Situation haben wir die Produktpräsentationen und Trainings für den Handel digitalisiert. Wir sind Enthusiasten und die Resonanz ist durchweg positiv. Das bedeutet nicht, dass physische Events gänzlich ausfallen, diese werden folgen, wenn es wieder möglich ist.

möbel kultur: Über welche Vertriebswege werden die Matratzen vermarktet?
Inga Arling: All unsere Produkte sind sowohl online als auch offline erhältlich. Wir möchten dem Konsument die Freiheit geben, selbst zu entscheiden, wo der Orientierungsprozess beginnt und der Kauf endet. Der Omnichannel-Ansatz entspricht dem Zeitgeist und hilft gerade in Zeiten, in denen Geschäfte ihre Tür geschlossen halten müssen. Dementsprechend ist der Online-Anteil überproportional angestiegen.

möbel kultur: Und welche Erwartungen haben Sie an 2021?
Inga Arling: Wir sind zuversichtlich, dass sich unsere Erwartungen an ein positives Geschäftsjahr erfüllen werden. Ein hohes Maß an Flexibilität und Innovationsreichtum innerhalb der eigenen Prozesse sind in diesen Zeiten unabdingbar. 2021 ist wie eine Schachtel Pralinen. Man weiß nicht, was man kriegt.

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