Mit den gestern von der Bundesregierung und den Länderchefs verkündeten neuen Regeln zur Exit-Strategie nach dem Shutdown kann der Möbelhandel nicht zufrieden seine. Eine erlaubte Öffnung bei einer Fläche von max. auf 800 qm hilft vielen Küchenstudios, aber einem Großteil des Einrichtungshandels nicht.
Poco-Geschäftsführer Thomas Stolletz wertet das als „willkürliche Marktverzerrung“. Es sei weder nachzuvollziehen noch zu begründen, warum im Einzelhandel eine Grenze bei 800 Quadratmetern Geschäftsfläche gezogen werden soll. Poco fordert vielmehr eine ganzheitliche Betrachtung. Wirtschaft und Gesundheitsschutz dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden; alles müsse dafür getan werden, Menschenleben zu schützen und zugleich die Lebensgrundlagen bis weit in die Zukunft hinein abzusichern, heißt es heute vormittag aus Bergkamen.
Gerade der größerflächige Einzelhandel könne Abstandsregeln hervorragend gewährleisten – besser jedenfalls als jeder kleinflächige Anbieter. Und schon lange sei nicht mehr klar, warum Garten und Heimwerker-Märkte geöffnet bleiben dürfen, Einrichtungsmärkte mit vergleichbaren Sortimenten aber nicht. Stolletz hatte bereits vor der gestrigen Entscheidung in einem Schreiben an die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung gefordert, so schnell wie möglich zur Normalität im Wirtschaftsleben zurückzukehren. Er erwartet einschneidende konjunkturelle Folgen durch den Shutdown für das laufende Jahrzehnt und darüber hinaus, sollten im Zuge der Corona-Pandemie die Restriktionen bestehen bleiben.
Bereits heute sei abzusehen, dass die deutschen Unternehmen die aktuelle Krise nur überstehen können, wenn sie auf Rücklagen oder in der Regel auf Kreditmarktmittel zurückgreifen. „Jeder Schließungstag bedeutet damit eine Hypothek für eine Zukunft, für die wir leider ohnehin mit konjunkturellen Einbußen rechnen müssen. Wir befürchten deshalb mit jedem Schließungstag auch eine nachhaltige und nachteilige Veränderung der Handelslandschaft“, formuliert Thomas Stolletz.
Zunehmend sei zudem zu beobachten, dass auch die Hersteller Schaden nehmen. Poco bezieht einen großen Anteil der Ware von deutschen Herstellern, den weit überwiegenden Teil aus europäischer Fertigung. Auch die annähernd 8.500 Poco-Mitarbeiter seien zwar kurzfristig aus Kurzarbeitergeld abgesichert, müssten aber Einschränkungen hinnehmen. „Auch sie sind daran interessiert, ihre existenzielle Situation so schnell wie möglich wieder zu normalisieren“, schreibt Thomas Stolletz.
Auch wenn jedes Handelsunternehmen ein bis zwei Monate überbrücken können sollte, befürchtet Poco, dass jeder weitere wirtschaftliche Stillstand zu einer erheblichen Hypothek für die Zukunft werden dürfte: Öffentliche Hilfsprogramme, Rückgriffe auf die privaten bzw. Unternehmensrücklagen sowie die Aufnahme von Krediten dürften auf Jahre hin die konjunkturelle Entwicklung belasten. Jeder weitere Schließungstag werde dazu beitragen, Unternehmensschließungen auszulösen und die Folgewirkungen der Corona-Krise insgesamt zu verschärfen.