Keine guten Nachrichten von der Jahreswirtschaftspressekonferenz des VdDk in Herford: Die Verbraucher:innen halten sich beim Kauf von Küchenmöbeln weiterhin zurück. Im Juli ist der Umsatz um 7 Prozent gesunken. Laut den Verbandserhebungen lag der mengenmäßige Auftragseingang von Januar bis August 2023 um 11,5 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum. Bezogen auf den Wert ergibt sich ein Rückgang von 2,6 Prozent. Im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 unterschritt der mengenmäßige Auftragseingang in den ersten acht Monaten dieses Jahres das damalige Niveau um 2,7 Prozent. Als Gründe werden neben dem schwachem Konsumklima vor allem die hohen Material- und Energiepreise und das schwierige Bauumfeld angeführt. Rund ein Fünftel der Firmen im Wohnungsbau berichtete im August von abgesagten Projekten – ein neuer Höchststand, wie das Ifo-Institut meldete.
Angesichts der schwierigen Lage appellierte Stefan Waldenmaier, Vorstandsvorsitzender des Verbands der Deutschen Küchenmöbelindustrie e.V. (VdDK), an die Branche, mit Blick auf die positive Entwicklung zu höherer Bedeutung und Wertigkeit der Küche, das Erreichte nicht wieder zu zerstören und in alte Zeiten zu verfallen, als Rotstiftpreise das Branchenbild prägten. Doch schon jetzt sind die Auswirkungen groß: Rund 20 Prozent der Küchenhersteller:innen reagieren mit Kurzarbeit und etwa ein Drittel der Küchen-Unternehmen denkt bereits über Personalanpassungen nach, wenn auch moderat, weil Fachkräftemangel nach wie vor ein Thema bleibt. Rund eine Million Beschäftigte entlang der gesamten Wertschöpfungskette sind betroffen. Es sind also auch entsprechende volkswirtschaftliche Verwerfungen zu befürchten. Während aber die Autoindustrie, die inklusive der Zulieferer rund 800.000 Arbeitsplätze umfasst, staatlich gefördert wird, muss die Küchenmöbelindustrie ohne Unterstützung auskommen.
Förderung des Wohnungsbaus gefordert
Waldemaier sprach sich daher in Herford für Maßnahmen zur Belebung des Wohnungsbaus aus. Denn die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen sank in der ersten Hälfte dieses Jahres um 27,2 Prozent auf 135.200. Die Bundesregierung wird ihr Ziel von 400.000 Fertigstellungen laut Ifo-Institut in diesem und den nächsten Jahren deutlich verfehlen. Für dieses Jahr wird mit lediglich 245.000 fertiggestellten Wohneinheiten gerechnet, für das kommende Jahr mit nur 210.000 „Der stockende Neubau stellt die deutsche Küchenmöbelindustrie vor große Herausforderungen, zieht doch jede fertiggestellte Wohnung erfahrungsgemäß den Kauf von zwei bis drei neuen Küchen nach sich“, sagte Waldenmaier. Auch in wichtigen Exportmärkten, wie Frankreich, schwächelt der Wohnungsbau. Dort sank die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser im wichtigsten Auslandsmarkt der deutschen Küchenmöbelhersteller im Mai 2023 um 27,5 Prozent und im Juni 2023 um 17,4 Prozent. Für Gebäude mit mehreren Wohnungen wurden im Mai 38,7 Prozent weniger Genehmigungen erteilt und im Juni 16,4 Prozent weniger.
Trotz allem setzte die Küchenmöbelindustrie in den ersten sieben Monaten dieses Jahres rund 3,8 Milliarden Euro um, ein Plus von 5,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wie VdDK-Geschäftsführer Jan Kurth berichtete. Neben Preiseffekten sei der Zuwachs aber auch auf Auftragsüberhänge aus dem Vorjahr und statistische Effekte zurückzuführen, erläuterte Kurth. Im Monat Juli verbuchte die Branche die bislang schwächste Entwicklung in diesem Jahr: Der Umsatz gab um rund 7 Prozent auf 371,5 Millionen Euro nach. Dabei entwickelte sich der Inlandsumsatz (minus 9 Prozent) noch stärker rückläufig als der Auslandsumsatz (minus 5 Prozent). Von Januar bis Juli 2023 trug der Auslandsumsatz mit 1,7 Milliarden Euro (plus 5,4 Prozent) zu 45 Prozent zu den Gesamtumsätzen der Branche bei. Damit liegt die Exportquote erheblich über dem Durchschnitt der gesamten deutschen Möbelindustrie (33,6 Prozent).
Die Reihenfolge der wichtigsten Exportländer blieb unterdessen unverändert. Auf Rang 1 liegt weiterhin Frankreich (minus 5,3 Prozent), gefolgt von den Niederlanden (minus 17,7 Prozent) und Österreich (minus 23,7 Prozent). Erfreulich: In die Schweiz, dem viertgrößten Exportmarkt, mit konnte ein Plus an Ausfuhren um 2,9 Prozent verzeichnet werden. Rückläufig entwickelten sich hingegen ebenfalls die Lieferungen nach Belgien, (minus 20,6 Prozent), in das Vereinigte Königreich (minus 8,1 Prozent), nach China (minus 5,4 prozent) Prozent) und Spanien (minus 29,5 Prozent). Ein kleines Plus von 0,3 Prozent wurde bei den Möbelausfuhren in die Vereinigten Staaten erzielt.
Auch das Thema Nachhaltigkeit spielt nach wie vor eine zunehmend größere Rolle bei der Kaufentscheidung. Durch die Nutzung des nachwachsenden Rohstoffs Holz und die lange Lebensdauer der Produkte sieht Waldenmaier die Branche an sich gut aufgestellt. Dazu kommen vielfältige Aktivitäten der Unternehmen, wie unter anderem das Engagement beim Klimapakt der Deutschen Gütegemeinschaft Möbel (beinhaltet u.a. die Erstellung einer CO2-Bilanz und eines CO2-Reduktionsplans), die Wärmeerzeugung mit den Holzabfällen aus der eigenen Produktion, die Stromerzeugung mittels eigener Photovoltaikanlagen, der Einsatz von Spanplatten mit einem hohen Anteil an Recycling-Holz oder die Verwendung von Griffen aus recyceltem Kunststoff oder Schubladen-Innenausstattungen aus der Naturfaser Hanf – um nur einige Beispiele zu nennen. Derzeit arbeiten die Möbelverbände zudem an einem Modellprojekt zur Rückführung von Altmöbeln in Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus erstellen die Möbelverbände für die Branche aktuell ein Konzept zur Umsetzung des Lieferkettengesetzes. „Für die mittelständischen Hersteller bedeutet dies eine wertvolle Unterstützung bei der Bewältigung des zusätzlichen bürokratischen Aufwands”, sagte Waldenmaier. Zudem beschäftigen sich die Verbände intensiv mit den EU-Gesetzesvorhaben zur Circular Economy wie etwa dem digitalen Produktpass.
Konsument:innen bei Laune halten
Die Aussichten für die Branche sind dennoch trübe. Mit Blick auf das anspruchsvolle Marktumfeld rechnet Waldenmaier – trotz einer erhofften leichten Belebung im Herbst – für die deutsche Küchenmöbelindustrie im Gesamtjahr 2023 mit einem Umsatzrückgang von rund 3 Prozent. „Auch das kommende Jahr wird für unsere Branche anspruchsvoll werden“, prognostizierte er. Es brauche einen Stimmungsumschwung, die Verbraucher:innen müssten wieder Freude am Konsumieren finden. Die Politik müsse positive Signale senden, anstatt für Verunsicherung zu sorgen wie etwa mit den Diskussionen über das Heizungsgesetz. Eine große Bedeutung komme zudem dem weiteren Ausbau des Exports zu. Um das Wachstumspotenzial zu heben, befinden sich für das kommende Jahr unter anderem Messe-Gemeinschaftsstände auf dem britischen und nordamerikanischen Markt in Planung.