Firmenchef Dieter Hilpert wirkte auf der Bega-Hausmesse energiegeladen wie eh und je. Eigentlich wollte er zum jetzigen Zeitpunkt „nur noch“ seine Beiratsfunktion ausüben, aber im Moment ist einfach so viel los, dass er während dieser zwei Bega-Herbstmessewochen weiter operativ mitmischte. Aber es sind ja auch wirklich turbulente Möbel-Import-Zeiten, die einen Vollblutunternehmer wie Dieter Hilpert natürlich nicht kalt lassen.
Die Firmengruppe sei personell gut aufgestellt und der Weggang von Rüdiger Schliekmann in der Geschäftsführung gut kompensiert worden. Im Hinblick auf die Nachwuchsförderung habe der Weggang Schliekmanns sogar Kräfte freigesetzt, denn man habe geschaut, wer von den jungen Leuten bei Bega das Potenzial zur Führungspersönlichkeit habe und dabei einige Talente im eigenen Unternehmen entdeckt. Weitere Aufgaben seien von Geschäftsführer Niko Johns übernommen worden.
Auch die Gründung der Logistikfirma Bega Logistik Polska mit eigenem Auslieferungslager sei ein richtiger Schritt gewesen, sagt Hilpert, der sich bisher immer gegen eine eigene Lagerhaltung gesträubt hatte – aber wer im Online-Geschäft mitmischen will, kommt nicht umhin, Dropshipping zu ermöglichen.
Nur eines bereitet dem Hausherrn Sorge: die Größe der Lutz-Gruppe. Die wechselseitige Abhängigkeit ist ein Risiko. Eigentlich sollte der Lutz-Anteil am Bega-Umsatz nie mehr als 30 Prozent betragen und nun liegt die Quote deutlich über dieser Schwelle. Und so gilt vorerst notgedrungen weiterhin die Gleichung: „Wenn Lutz wächst, wachsen wir mit.“
Dementsprechend wird die Bega-Gruppe am Ende des Jahres mit einem Umsatz von 610 bis 612 Millionen Euro voraussichtlich eine Punktlandung auf Vorjahresniveau hinlegen. Sollte die Herbstkonjunktur anspringen, könnte der Umsatz sogar noch höher ausfallen. „Ein sensationelles Ergebnis“, sagt Hilpert vor dem Hintergrund, dass die Preissegmente, in denen die Bega-Gesellschaften tätig sind, derzeit besonders leiden. Die einzelnen Firmen performen dennoch unterschiedlich. Im Preiseinstiegsbereich habe man kräftig Federn lassen müssen. Die Küchensparte unter der Leitung von Simon Kreft gilt derzeit als Rising Star in der Gruppe. Auch Kai Schäfer schlägt sich mit InnoStyle wacker genauso wie Wolfgang Bochert mit seinen Boxspring-Betten. Und um seinen Status als Vollsortimenter zu verteidigen, macht Bega jetzt auch in Massivholz. Die neue Kollektion sei bei den Einkäufern sehr gut angekommen.
Allerdings drückt die Situation in Polen auf das Ergebnis. „Die polnische Industrie verliert an Wettbewerbsfähigkeit", so Hilpert. Der Mindestlohn ist innerhalb eines Jahres um 48 Prozent gestiegen. Der Grund: Populismus und Wahlkampfmanöver der Regierung. Das macht sich vor allem bei Polstermöbeln bemerkbar, wo der Lohnkostenanteil bei 25 Prozent liegt. Die Profiteure dieser Kostenexplosion in Polen seien auf dem Balkan und im Baltikum zu finden. Auch an den Investitionen in Weißrussland hält Hilpert fest - im Gegensatz zu Ikea. Wenn der Krieg vorbei ist, werden wir die Ersten sein, die dort sind“. Wann das der Fall sein wird, lässt sich derzeit freilich nicht sagen.