Im Bilanzskandal um den angeschlagenen Möbelriesen Steinhoff rollt laut eines Berichts des Wirtschaftsmagazins „Capital“ eine Welle von Klagen in mehreren Ländern an. Im Visier seien dabei nicht nur der Konzern und seine frühere Spitze, sondern auch die Wirtschaftsprüfer.
„Wir prüfen intensiv Schadensersatzklagen gegen verschiedene Haftungsgegner“, sagte Maximilian Weiss, Fachanwalt bei der auf Anlegerverfahren spezialisierten Tübinger Kanzlei Tilp, gegenüber „Capital“. Bei den potenziellen Beklagten handele es sich sowohl um Steinhoff-Gesellschaften als auch Personen aus der Konzernspitze. Im Visier sind etwa der langjährige CEO Markus Jooste und Ex-Aufsichtsratschef Christo Wiese. Auch die niederländische Aktionärsvereinigung VEB drohe mit weiteren Klagen – darunter gegen die Commerzbank und weitere Banken, die den Börsengang des Möbelkonzerns 2015 in Frankfurt begleitet hatten, sowie Steinhoffs Wirtschaftsprüfer Deloitte.
Neben Hunderten Kleinanlegern hätten auch große institutionelle Investoren vor allem aus Südafrika und den USA signalisiert, sich einer Klage anzuschließen, sagte Tilp-Anwalt Weiss. Als Gerichtsstand für weitere Verfahren gegen Konzern-Gesellschaften und natürliche Personen aus der ehemaligen Konzernführung kommen unter anderem die Niederlande und Südafrika infrage.
Wegen der Unregelmäßigkeiten im Europa-Geschäft könnten laut „Capital“ zudem die beiden Prüffirmen Commerzial Treuhand (CT) aus Oldenburg und Rödl & Partner Probleme bekommen. Die CT-Gruppe hatte jahrelang die Bilanzen mehrerer deutscher Konzerntöchter testiert, darunter auch die der Steinhoff Europe Group Services GmbH (SEGS). Die SEGS spielte eine wesentliche Rolle bei den Geschäften mit nahestehenden Firmen außerhalb der Bilanz, für die sich die Staatsanwaltschaft Oldenburg bei ihren seit 2015 laufenden Ermittlungen im Konzernumfeld interessiert. In einem bei der Razzia sichergestellten E-Mail-Austausch aus dem Jahr 2014, in dem Ex-Steinhoff-Chef Jooste mit Vertrauten darüber berät, wie sich die Bilanzen aufhübschen lassen, wird auch CT erwähnt.
Rödl & Partner mit Hauptsitz in Nürnberg war wiederum Abschlussprüfer von Steinhoffs Europa-Holding, in der der Großteil des verbliebenen Europageschäfts (Conforama, Poundland) gebündelt ist.