Mit einem Anstieg des Umsatzes von 4,3 Prozent auf 8,4 Mrd. Euro (Onlinenews von heute Mittag) konnte sich die deutsche Möbelindustrie im zweiten Pandemiejahr gut behaupten. Der Onlineanteil habe durch die Corona-Krise einen Schub bekommen und wird vom VDM inzwischen mit 20 Prozent beziffert.
Doch nicht alle Segmente entwickelten sich gleichermaßen positiv. Im Gegenteil: Nach Angaben der amtlichen Statistik verzeichneten die Küchenmöbelhersteller einen kräftigen Umsatzanstieg um 16,3 Prozent auf rund 2,8 Mrd. Euro und wiesen damit eine wesentlich bessere Performance als andere Segmente auf. Einen überdurchschnittlichen Anstieg registrierten auch die Hersteller von Polstermöbeln, deren Umsätze von Januar bis Juni 2021 um 17,5 Prozent auf rund 500 Mio. Euro zulegen konnten. Auch das kleinste Segment der Branche – die Matratzenindustrie – wies ein Umsatzplus in Höhe von 3,5 Prozent auf rund 363 Mio. Euro aus. Die Umsatzentwicklung beim größten Segment der Möbelindustrie – den sonstigen Möbeln (darunter Wohn-, Ess- und Schlafzimmermöbel) sowie Möbelteilen – fiel mit minus 5,8 Prozent auf 2,8 Mrd. Euro dagegen negativer aus als im Branchendurchschnitt. Wie bereits im Vorjahr weisen die konsumgüternahen Segmente der Möbelindustrie einen deutlich besseren Konjunkturverlauf auf als die Investitionsgütersegmente. Die Büromöbelindustrie registrierte mit einem Umsatz von rund 960 Mio. Euro erneut einen Rückgang um 0,3 Prozent. Die Hersteller von Laden- und sonstigen Objektmöbeln lagen um 4,4 Prozent über dem Vorjahreswert und erzielten einen Umsatz von rund 867 Mio. Euro.
Bei der aktuellen Auftragslage liegen ebenso Licht und Schatten dicht beieinander. Nach internen Erhebungen der Fachverbände stieg zwar der Auftragseingang in der deutschen Küchenmöbelindustrie in den ersten sechs Monaten um 13,3 Prozent. In der Polstermöbelindustrie wurde jedoch ein Rückgang um 6,6 Prozent und in der Wohnmöbelindustrie sogar ein deutlicher Rückgang um 9 Prozent registriert. Die im Vergleich zur amtlichen Statistik deutlich negativeren Ergebnisse sind vor allem auf das zeitliche Auseinanderfallen zwischen Auftragseingang und Umsatz und den guten Auftragsbestand zum Ende des Jahres 2020 zurückzuführen. Ein weiterer Grund ist die Einbeziehung der ausländischen Produktionsstätten deutscher Hersteller sowie der deutschen Vertriebsgesellschaften ausländischer Hersteller, die von der amtlichen Statistik nicht erfasst werden.
Treiber des Wachstums im ersten Halbjahr waren vor allem die Auslandsmärkte. Die deutschen Möbelexporte stiegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 22,6 Prozent auf 4,17 Mrd. Euro. In den meisten europäischen Ländern legte der Export vor dem Hintergrund der Überwindung der negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise deutlich zu. Besonders erfreulich ist die Steigerung der Ausfuhren nach Frankreich als mittlerweile wichtigsten Exportmarkt der deutschen Möbelindustrie mit einem kräftigen Plus von 46 Prozent. Die Schweiz als erste Zielregion für deutsche Möbel im vergangenen Jahr belegt aktuell Platz zwei im Ranking der wichtigsten Exportmärkte mit einem signifikanten Plus von knapp 16 Prozent, gefolgt von Österreich mit plus 25,5 Prozent und den Niederlanden mit plus 15,6 Prozent.
Der britische Markt erlebte nach der Unterzeichnung des Handelsabkommens mit der EU im ersten Halbjahr 2021 ein Comeback mit einem beachtlichen Plus von 25 Prozent. In fast allen anderen europäischen Exportmärkten wie Belgien, Italien, Spanien, Polen, Schweden und Dänemark wurden ebenfalls deutliche Anstiege verzeichnet. Auch wenn zu berücksichtigen ist, dass die Vorjahreswerte mit einem Minus des gesamten Exports von knapp 12 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 deutlich negativ ausgefallen waren, liegt das aktuelle Außenhandelsniveau zur Jahresmitte 2021 immerhin um rund 10 Prozent über 2019.
Auch die außereuropäischen Exportmärkte entwickelten sich im bisherigen Jahresverlauf positiv. Besonders erfreulich war aus Branchensicht, dass der weltweit größte chinesische Möbelmarkt nach der Überwindung der Folgen der Corona-Krise wieder die Rolle des Konjunkturmotors in Asien übernahm – die deutschen Möbelexporte nach China kletterten im ersten Halbjahr 2021 um 13 Prozent. Während das Wachstum in Russland mit plus 7 Prozent ebenfalls ordentlich ausfiel, wurden die Exporte in die USA angesichts der für Europäer nach wie vor geschlossenen Grenzen etwas stärker in Mitleidenschaft gezogen. Die deutschen Möbelexporte über den Atlantik gingen um 0,1 Prozent zurück. Saudi-Arabien entwickelte sich vor dem Hintergrund der Pandemie zwar ausgesprochen positiv (+38,7%), allerdings bewegten sich die Ausfuhren in dieses aufstrebende Land noch auf einem relativ niedrigen Niveau. Die Industrieexportquote – dies ist der Anteil der von den heimischen Möbelherstellern direkt ins Ausland gelieferten Ware am Gesamtumsatz der Branche – lag im ersten Halbjahr 2021 infolge des überdurchschnittlichen Anstiegs der Exporte bei 33 Prozent und damit deutlich über dem Niveau des Vorjahres. Angesichts der schnellen Erholung der Möbelnachfrage in den wichtigsten Exportmärkten geht der VDM davon aus, dass die Exportquote im Gesamtjahr 2021 einen neuen Rekordwert erreichen dürfte.
Aber auch auf der Importseite hat sich im ersten Halbjahr 2021 einiges getan, jedoch mit unterschiedlichen Ausschlägen. Nachdem die deutschen Möbelimporte im Gesamtjahr 2020 nur leicht gestiegen waren, legten sie von Januar bis Juni kräftig um 23 Prozent auf 4,9 Mrd. Euro zu. Mit einem außerordentlich hohen Zuwachs von 45 Prozent auf knapp 1,5 Mrd. Euro stiegen die Einfuhren aus China überdurchschnittlich stark. Damit löste das Reich der Mitte Polen (+9%) als das bisher wichtigste Möbelherkunftsland ab. Fast jedes dritte nach Deutschland importierte Möbel (knapp 30%) stammt inzwischen aus China. Der Anteil Polens an den Gesamtimporten ging dagegen auf rund 27 Prozent zurück. Die Importe aus dem drittplatzierten Italien legten um 13 Prozent zu. Auch die Einfuhren aus Vietnam (+25%), Rumänien (+16%), der Türkei (+36%) und Frankreich (+28%) stiegen deutlich, während die Einfuhren aus Österreich (-3,3%) und Großbritannien (-3,0%) zurückgingen. Trotz der aktuellen Verschiebungen in Richtung China weist die Struktur der deutschen Möbelimporte weiterhin eine hohe Konzentration auf: Allein auf die beiden wichtigsten Lieferländer China und Polen entfallen aktuell rund 57 Prozent der gesamten deutschen Möbelimporte.