Für viel Unruhe haben die Nachrichten über Whirlpool gesorgt: keine Teilnahme am Mailänder Salone, Überlegungen im Konzern über Veränderungen in der EMEA-Region und dann der Verkauf der Russland-Produktion an Arcelik. Dies gab Anlass zu „wilden Spekulationen“, die bis in die eigenen Reihen reichten und auch von Mitbewerbern derzeit gern genutzt werden, wie Christian Unger, hierzulande für Whirlpool/Bauknecht Vertriebsleiter Küchen- und Möbelhandel, im Redaktionsgespräch mitteilte.
Zu Punkt 1: Die Entscheidung, gegenüber den vorherigen Messen diesmal nicht in Mailand an der Eurocucina im FTK-Bereich teilzunehmen, habe in erster Linie mit der sehr unsicheren, schwierig zu planenden Corona-Lage zu tun gehabt. Dies sei laut Einschätzung von Unger jedoch keineswegs eine Entscheidung für die Zukunft. Vielmehr habe Whirlpool während der Designwoche FuoriSalone, parallel zur Messe, Flagge gezeigt und dort sehr viele Kontakte u. a. zu deutschen Besuchern gehabt.
Und ja, die EMEA-Region werde derzeit im US-Konzern „neu bewertet“. Das heißt: Auf den Prüfstand kommt, ob vielleicht Unternehmensteile verkauft werden, um die Profitabilität zu steigern. Aber genauso möglich seien Neuakquisen, zum Beispiel im Kleingerätebereich. Die Entscheidung hierüber brauche aber noch viel Zeit und werde CEO Marc Bitzer im Oktober bekanntgeben, so ist es zumindest vorgesehen. Doch im Moment sei hier alles offen, betont Unger: „Wer vorher etwas anderes sagt, greift tief in die Mythen-Tasche.“
Dass Produktion und Vertrieb in Russland an den türkischen Arçelik-Konzern gegangen sind, ist bekanntlich dem aktuellen, kriegsbedingten Embargo geschuldet. Die russische Fabrik in Lipetsk produziere jedoch „local for local“ (Waschmaschinen und Kühlgeräte) und der Verkauf habe deshalb auch keine direkten Einbußen für andere europäische Märkte zur Folge. Für Russland gebe es OEM-Vereinbarungen mit Arçelik. Der Übergang der Markenrechte für Indesit, Hotpoint und Stinol an Arçelik (auch Beko, Grundig) sei ebenfalls auf den lokalen Absatz im russischen Raum sowie Kasachstan beschränkt. Whirlpool als Marke werde nicht mehr in Russland verkauft. (Laut Medienberichten komme der Russland-Deal auf ein Umsatzvolumen von 300 bis 400 Mio. US-Dollar.)
Dass sich Whirlpool aus dem EMEA-Raum zurückziehen will, hält Unger persönlich für sehr unwahrscheinlich: „Sie sehen mich sehr entspannt. Warum hätten wir sonst so viel Energie in unsere Aktivitäten stecken sollen?“ Dabei weist Unger auf die Erfolge vor allem in der Zusammenarbeit mit den großen deutschen Küchenherstellern hin, sodass Bauknecht/Indesit inzwischen bei allen Top 5 gut vertreten seien. Verlusteffekte sieht er eher durch den Rückzug des britischen Geräteportals AO, bei dem Whirlpool/Bauknecht zu den Lieferanten der ersten Stunde gehörten, doch hofft er, dass die Volumina durch andere Kanäle kompensiert werden.
Immerhin steht die EMEA-Region (Europa, Mittlerer Osten und Nordafrika) an zweiter Stelle mit 23 Prozent Umsatzanteil am Konzernumsatz, erzielte hier im vergangenen Jahr 5,088 Mrd. Dollar (von rund 22 Mrd. Dollar). Laut Gilles Morel, President Whirlpool EMEA, entsprach dies einem Wachstum von 16 Prozent und auch das EBIT hat sich auf 2 Prozent verbessert, trotz des schwierigen Marktumfelds.
Persönliche Beziehungen zu Europa hat nicht zuletzt auch Konzernchef Marc Bitzer, der als Deutscher hierzulande im US-Konzern großgeworden ist, dann das Europa-Management übernommen hat und nun ganz oben an der Spitze steht.