Die BBE Handelsberatung in München gehört gerade in diesen Zeiten zu den wichtigen Consulting-Unternehmen, die Ideen entwickeln, wie man auch in schwierigen Fahrwassern nach vorne blicken kann. moebelkultur.de sprach mit Sebastian Deppe, Mitglied der Geschäftsleitung, darüber, was der Handel jetzt tun kann.
möbel kultur: Was hören Sie aktuell aus dem Handel?
Sebastian Deppe: Viele der kleineren Händler sind im Moment total überfordert. Zu den privaten Problemen, z. B. der Kinderbetreuung, müssen sich die Unternehmen jetzt um wichtige Dinge kümmern, wie Kurzarbeit oder Steuerstundungen zu beantragen. In großen Firmen wird die Last auf unterschiedliche Abteilungen verteilt, aber die kleineren müssen alles selbst machen. Ich erlebe die Branche, die vor Existenzängsten steht, die nicht weiß, ob Ware noch weiter ausgeliefert werden kann, etc. im Moment als recht hilflos.
möbel kultur: Wird denn überhaupt noch ausgeliefert?
Sebastian Deppe: Aktuell liefern viele noch aus. Das könnte sich allerdings schnell ändern, wenn totale Ausgangsperren in Deutschland kommen. Zudem wird es bald möglicherweise Auswirkungen in der Lieferkette geben. Es werden regionale Unterschiede berichtet. Einige Händler klagen schon seit Tagen, keinen Kundenverkehr zu haben. Andere hatten bis vor der Schließung noch regen Betrieb. Einige Unternehmen beraten Online oder am Telefon, andere vereinbaren auch jetzt noch Einzeltermine unter Einhaltung strenger hygienischer Maßnahmen. Das ist sicher eine Grauzone…
möbel kultur: Was kann der Handel jetzt konkret tun?
Sebastian Deppe: Das wichtigste ist jetzt, eine saubere Liquiditätsbedarfsplanung zu machen, die für die nächsten 12 Monate ausgelegt ist. Hier kann nur totale Transparenz helfen, um zu sehen, an welchen Stellschrauben man drehen kann. Viele Händler verlassen sich jetzt darauf, dass die Verbände die ZR großzügig handhaben oder sie schieben Valuten nach hinten, doch das kann ja keine Lösung sein, das Problem der Liquidität auf nachgelagerte Stufen der Wertschöpfung zu schieben.
möbel kultur: Wo liegen jetzt die Chancen für die Möbelbranche in der Krise?
Sebastian Deppe: Ich empfehle allen, ihre Hausaufgaben zu machen. Jeder hat im Unternehmen Themen, die er aufgeschoben hat. Diese sollte man jetzt angehen. Das kann eine Ausstellung sein, die man schon längst umbauen wollte, oder ein neues Strategie-Konzept. Wir spüren z. B. gerade einen verstärkten Wunsch nach Austausch über Videokonferenzen zwischen den Unternehmern. Einzelne nutzen dies auch schon für strategische Fragestellungen. Ich appelliere an alle, die Zeit jetzt zu nutzen, um sich neu aufzustellen für die Zeit nach Corona. Dazu gehört auch, aktiv die Mitarbeiter einzubinden und sich Gedanken dazu zu machen, wie man, nach einem hoffentlich schnellen Ende der Krise, neu starten kann. Denn die Auswirkungen von Covid-19 wird die Branche noch lange spüren, sowohl bei Möbeln als auch bei Fachsortimenten, die in einem noch stärkeren Maße aus China geliefert werden. Nicht zu sprechen von den gesamtwirtschaftlichen Folgen. Keine Frage: Strukturen werden sich jetzt verändern – und zwar auf allen Ebenen. Es wird Unternehmen geben, die nicht überleben und das werden nicht nur kleine sein. Auch Verbände werden sich neu aufstellen, aber im Vergleich zu anderen Branchen, wie z. B. dem Textilbereich, werden die Ausschläge nicht so groß sein.
möbel kultur: Was spricht dafür, dass wir optimistisch in die Zukunft schauen können?
Sebastian Deppe: Ich glaube, dass wir alle eine Rückbesinnung auf das Private erleben werden. Familie und Freunde werden wichtiger und insgesamt kann ich mir vorstellen, dass wir ein stärkeres Miteinander in der Gesellschaft spüren werden. Das könnte eine positive Entwicklung sein, von der wir alle profitieren, aber im Besonderen die Einrichtungsbranche. Es werden jetzt viele Reisen storniert, was Budgets fürs Wohnen freimacht. Wenn der Handel nicht wieder alles mit Rabatten kaputt macht, könnten damit gute Umsätze erzielt werden.