Die „möbel kultur“ hat Experten und Interessenvertreter nach ihren persönlichen Prognosen für das Jahr 2019 gefragt. Dazu äußert sich Dr. Renz von Wieselhuber & Partner mit einem Trendometer, in dem er sich mit drei wichtigen Themen für die Möbelbranche beschäftigt:
Wider die rückgängige Frequenz I
„Wo bleibt nur die Frequenz?“, klagt der Möbelhandel. Mancher machte 2018 sogar den heißen Sommer für den Rückgang verantwortlich. Fakt ist jedoch: Die Kunden haben längst ihr Einkaufsverhalten umgestellt. Egal, ob die Sonne scheint, es regnet oder schneit – der Konsument muss nicht mehr in unterschiedlichste Möbelhäuser pilgern und Stunden „investieren“, um sich einen Überblick über das Angebot am Markt zu verschaffen. Erste Vorentscheidungen werden im Internet getroffen, wenn auch nicht immer sofort dort gekauft. Doch die Prozentanteile der online gekauften Warengruppen wachsen. Für den klassischen Möbelhandel ist es deshalb höchste Zeit, das Thema „Conversion Excellence“ richtig anzupacken. In Zeiten rückläufiger Frequenzen muss die vorhandene besser abgeschöpft werden. Wie? Aus weniger Besuchern mehr Kunden machen, die dann höhere Durchschnittsbons realisieren. Das schafft Umsatz. Analoge und digitale Stellhebel und Ansätze gibt es viele, doch wirklich professionell angepackt werden sie im Möbelhandel noch viel zu selten.
Wider die rückgängige Frequenz II
Die Industrie muss (endlich) die Endkunden als ihre Adressaten begreifen. Was will der Möbelkunde? Wie, wo und wann informiert er sich? Was beeinflusst seine Kaufentscheidung online wie offline? Fragen, die heute nach wie vor in den Chefetagen der Möbelindustrie überwiegend aus dem Bauch heraus diskutiert werden. Marktforschung? Daten auswerten? Kunden fragen? Fehlanzeige, da zu teuer, zu aufwändig. Doch ohne Wissen über den Kunden und seine Customer Journey geht es nicht. Denn drei Dinge sind klar: Neue Vermarktungsideen müssen sich erstens am tatsächlichen Kundennutzen orientieren, sie müssen zweitens digital verankert und umgesetzt werden und sie müssen drittens auch für den stationären Handel einen Mehrwert bieten – solange der Möbelkauf überwiegend stationär erfolgt.
Strategische Allianzen im Wettbewerb
Der Weg in der Möbelbranche bis zum Endkunden ist lang: Grundstoffproduktion, diverse Warengruppen und Zulieferstufen, Produktionsmaschinenhersteller, Möbelproduzenten unterschiedlichster Sortimente, Großhändler die Tischler/Schreiner versorgen und mächtige Möbelverbände, an die Einzelhändler angeschlossen sind. Gerade die letztgenannte Stufe hat ihre Kräfte schon immer kooperativ gebündelt – was in der Regel kleinere Möbelproduzenten in harten Konditionsverhandlungen zu spüren bekamen. Aber der Markt hat sich konzentriert: Die Zahl größerer Zulieferer, Möbelproduzenten und Händler nimmt in Deutschland ab. Strategische Allianzen können in diesem Marktumfeld helfen, denn echte Innovationen erfordern zunehmend das gebündelte Spezialwissen unterschiedlicher Marktteilnehmer. Der Wettbewerb in der Möbelbranche wird so eine neue Dimension erreichen: Jeder gegen jeden? Das funktioniert nicht mehr. Gefragt sind wertschöpfungsstufenübergreifende bzw. strategische Allianzen gegen andere Allianzen. Kooperationsfähige Manager sind also angesagt, der klassische Möbelfürst hat unter diesen strukturellen Vorzeichen in Industrie und Handel ausgedient.