Jan Philippi, Inhaber des Design-Labels Philippi, sieht den Konsumgütermarkt am Anfang eines dramatischen Wandels.

Lieferketten im Stress - Interview I

Jan Philippi: "Wir werden uns in unserer Branche umstellen müssen"

Die Auswirkungen der Pandemie haben die Lieferketten gesprengt. Die Konsumgüterbranche ist mit einem hohen Import-Anteil und großen Order-Volumina davon besonders getroffen. Dass es sich dabei nur um eine Momentaufnahme handelt, glaubt keiner der Top-Unternehmer, die wir um ihre Einschätzung für 2022 gebeten haben. Den Auftakt der sieben exklusiven Experten-Interviews auf unserer Website macht Jan Philippi, Inhaber des gleichnamigen Design-Labels, der mit einem Artikel in der "Wirtschaftswoche" den Stein der Berichterstattung auch für die breite Masse ins Rollen gebracht hat.

P&G: Herr Philippi, was ist im Sourcing aktuell die größte Herausforderung?

Jan Philippi: Wir kämpfen jeden Tag darum, qualitativ hochwertige Ware pünktlich und bezahlbar ins Lager zu bekommen. Viele unserer Fabriken haben mit großen Problemen zu kämpfen: Kein Strom, stark verteuerte Rohmaterialien, keine Transportmöglichkeiten im Hafen, Zollprobleme in chinesischen Häfen wegen Corona, Hafenschließungen und andere Herausforderungen sind an der Tagesordnung.

P&G: Wie hoch sind die Containerkosten? Und wann rechnen Sie mit einer Beruhigung?

Jan Philippi: Die sind abhängig vom Abgangshafen. Aus China zahlen wir knapp 14.000 US-Dollar zur Zeit, aus Indien knapp 8.000 US-Dollar. Wir hoffen auf eine Beruhigung im 2. Quartal 2022, erwarten aber nur einen moderaten Rückgang.

P&G: Wie stark sind die Einkaufspreise gestiegen?

Jan Philippi: Das hängt sehr vom Produkt ab. Im Schnitt würde ich sagen zwischen 10 bis 40 Prozent. Und dann kommt die Seefracht noch oben drauf.

P&G: Welche Artikel sind besonders problematisch?

Jan Philippi: Holzartikel sind schwierig, denn Holz hat sich im Einkauf mindestens verdoppelt. Auch Artikel aus Metall werden deutlich teurer, da fast alle Metalle stark im Preis gestiegen sind. Besonders problematisch ist dabei Aluminium, das sich durch Chinas Quasi-Monopol auf Magnesium kräftig erhöht hat.

P&G: Lässt sich aktuell überhaupt solide sourcen?

Jan Philippi: Das ist in der Tat ein großes Problem. Zum Glück haben wir viele Stammfabriken, in denen wir schon seit Jahren produzieren lassen. Und da wir fast nur eigene Designs machen, sind wir nicht so auf Messerundgänge angewiesen. Dennoch: Der Überblick fehlt natürlich.

P&G: Gibt es Unterschiede nach Ländern?

Jan Philippi: Wir sind im Herbst in Indien gewesen, das läuft – wenn auch verzögert –, ganz normal. Die Fabriken arbeiten vernünftig und die Ware fließt. China gestaltet sich als Sourcing-Destination schwieriger. Normalerweise ist China immer sehr zuverlässig gewesen. Aber durch behördliche Auflagen und die Corona-Politik in China entwickelt sich das Sourcing dort immer mehr zu einem Glücksspiel. Man weiß nie, ob und wann bestellte Ware wirklich verschifft werden kann. Außerdem wird generell langsam deutlich, dass Zoom nicht das persönliche Gespräch bei guten Designs ersetzen kann.

P&G: Möchten Sie in Zukunft in anderen Regionen einkaufen?

Jan Philippi: Wir werden uns umstellen müssen, davon bin ich überzeugt. Aber ich fürchte, die Zeiten, in denen ein Land Ware zu extrem günstigen Konditionen produziert, geht langsam dem Ende zu. Und darauf basiert unsere Branche nunmal seit den 1980er Jahren.

P&G: Was sagen die Handelspartner zu der Situation? Stellen die Händler Sortimente um?

Jan Philippi: Händler decken sich wieder stärker ein und bevorraten mehr. Das Lieferanten-Händler-Verhältnis ist ein anderes geworden, wieder deutlich partnerschaftlicher. Wenn der ganzen Krise etwas Positives abzugewinnen ist, dann sicher das.

P&G: Wie lautet Ihre Prognose für 2022 bezogen auf Ihre Geschäftsaktivitäten?

Jan Philippi: Wir hatten Glück, konnten unseren Umsatz steigern. Dazu hat sowohl der wiedererwachte Export, der Onlinehandel  und besonders stark – der stationäre Einzelhandel beigetragen. Wir hatten wohl die richtigen Produkte zur richtigen Zeit, Qualität war wieder stärker gefragt und wir haben keine Kosten und Mühen gescheut, trotz der hohen Beschaffungskosten unsere Handelspartner vernünftig beliefern zu können.

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