Auf den Zahn gefühlt: Rund zwei Stunden wurde Hans-Joachim Tessner, Kopf der Tessner-Gruppe, in seiner Funktion als ehemaliger Schieder-Beirat heute als erster Zeuge unter vielen weiteren in den kommenden Wochen und Monaten im größten Betrugsprozess der Möbelbranche befragt. Zunächst einmal wollte der Vorsitzende Richter Michael Reineke wissen, welche Bedeutung dieser Beirat damals hatte. Hans-Joachim Tessner erklärte, dass dieses Gremium zunächst aus einem Beraterkreis entstanden und 2004 offiziell zum Beirat installiert worden sei, der alle drei bis vier Monate getagt habe. Auf die Frage, ob dieser eine Kontrollfunktion ausgeübt habe, antwortete Tessner, dass er seine Position immer aussschließlich beratend verstanden und keine Kontrollpflicht gesehen habe.
Die neuen Finanzierungsmodelle des Geschäftsführers Samir Jajjawi seien für ihn fremd gewesen. "Ich gehörte immer zu denen, die etwas vorsichtiger waren, aber ich habe nicht die Geschäfte geführt", so Hans-Joachim Tessner. "Haben Sie nie geahnt, wie schlecht es um das Unternehmen stand oder ist jemals im Beirat das Wort Insolvenz gefallen", fragte Reineke. Worauf Tessner antwortete: "Das Negativ-Szenario einer Insolvenz ist nie im Beirat besprochen worden. Aber im nachhinein ist das alles furchtbar traurig und hat uns alle ergriffen."
Neben diesen Punkten führte Hans-Joachim Tessern noch weitere interessante Aspekte auf. Zum einen fragte Michael Reineke danach, was das Besondere an Schieder gewesen sei. "Die Produktpalette war Jahrzehntelang unwiderstehlich." Darüber hinaus wollte das Gericht wissen, wie Rolf Demuth als Mensch war. Tessner skizzierte ihn mit den Worten: "Er war ein begnadeter Entwickler und Unternehmer, ein genialer Verkäufer und Motivator für die Mitarbeiter."