VDM/BVDM

Gute Bilanz bei viel Gegenwind

Mit einem Gesamtumsatz von 17,5 Mrd. Euro und somit zwei Prozent Plus ist die deutsche Möbelindustrie vergleichsweise gut durch das Jahr 2021 gekommen. Dies betonte heute nochmals Jan Kurth, Geschäftsführer VDM/VHK, in der virtuellen Pressekonferenz, die gemeinsam mit dem BVDM durchgeführt wurde. Dabei habe die Branche die Folgen der Pandemie und insbesondere die Zeiten des Lockdowns besser kompensiert als erwartet. Allerdings fallen die einzelnen Marktsegmente unterschiedlich aus: Während Polstermöbel mit 12,7 Prozent auf 1 Mrd. Umsatz und Küchen mit 8,7 Prozent auf 5,7 Mrd. Euro zulegten, blieben Wohn-, Schlaf- und Esszimmer (5,9 Mrd. Euro) mit 7,6 Prozent hinter dem (relativ hohen) Vorjahresschnitt zurück. Die kumulierten Auftragseingänge stiegen parallel dazu um 1,5 Prozent bei Polstermöbeln, 7 Prozent bei Küchen und sanken um 12 Prozent bei Wohnmöbeln. 

Neben dem Auftragsüberhang aus 2020, der durch die Mehrwertsteuersenkung stimuliert war, trieb der anhaltende Trend zum Cocooning die Umsätze an. Für Gegenwind sorgte bekanntlich die eingeschränkte Warenverfügbarkeit, die sich letztlich in der gesamten Wertschöpfungskette und in enormen Preissteigerungen widerspiegelte. Diese Situation sei noch längst nicht ausgestanden, auch wenn in einigen Bereichen wie bei Polsterschäumen die Kostensteigerung etwas abgeflacht ist. Besonders problematisch bleiben die Beschaffung von Elektronikteilen ebenso wie die Bereiche Logistik und Verpackung. Mit über 40 Prozent lagen beispielsweise die Preise für Holzwerkstoffe, als eine der Hauptkomponenten für Küchen- und Kastenmöbel, im Dezember 2021 über dem Vorjahresniveau. Aber von der massiven Verteuerung seien nahezu alle Materialien und Vorprodukte sowie Energiekosten betroffen. Laut Ifo-Institut werden sich die Preise in den nächsten Monaten nochmals erhöhen. „Das kann die Möbelindustrie nicht einfach wegatmen, sondern muss dies weitergeben“, betonte Kurth.

Als schwierig erweisen sich vor allem die Preislaufzeiten: Während die Möbelbranche einmal jährlich die Preislisten an den Handel weitergibt, sieht sich die Industrie mit zum Teil monatlichen Veränderungen konfrontiert. Bei den aktuellen Preissprüngen könne dies nicht so aufrechterhalten werden, was unterjährige Preiserhöhungen unvermeidbar macht. Erschwerend komme die wachsende Konzentration der Unternehmen auf Zuliefer- und auch Handelsseite hinzu – sodass die jeweilige Marktmacht besonders mittelständische Betriebe bedroht.

Einige Betriebe haben bereits die Beschaffung diversifiziert und versorgen sich standortnäher, regional oder zumindest aus dem europäischen Raum, so stellt Kurth fest. Außerdem habe der Aufbau von Lagerkapazitäten die Verfügbarkeit der Ware verbessert.

Erdrückend ist weiterhin der Fachkräftemangel, von dem etwa 80 Prozent der deutschen Betriebe betroffen sind. 40 Prozent können zudem Ausbildungsplätze nicht mehr besetzen. Große Hoffnungen verbinden sich in dieser Hinsicht nun mit der Lehrfabrik. Der Förderbescheid wird für Ende März erwartet, sodass der Spatenstich in diesem Herbst und die Eröffnung zum Ausbildungsjahr 2023/24 erfolgen kann.

Mit einem Plus von 5 Prozent fiel vor allem das Auslandsgeschäft 2021 positiv auf, nachdem 2020 noch stärker vom Inlandsumsatz getragen war.  Im Inland wurden 2021 nur 0,5 Prozent Plus (11,9 Mrd. Euro) erzielt. Das Auslandsvolumen betrug 5,6 Mrd. Euro, wobei Frankreich allein mit 26 Prozent zulegte. Hohe Zuwachsraten verzeichneten aber auch die anderen Nachbarländer Schweiz, Österreich und die Niederlande, ebenso wie die USA (+13 %). Überrascht hat insbesondere UK mit 16 Prozent Plus. Die Importe stiegen ebenfalls (+18%), insbesondere aus China, begleitet von starken Preissteigerungen durch Produktions- und Logistikkosten.

Für 2022 erwartet Jan Kurth eine stabile Branchenentwicklung, bei aller Unwägbarkeit durch die Inflation und einen preisbedingten Anstieg um etwa 10 Prozent. Unverzichtbar vor allem auch für den Export seien die Messeplätze. So habe die imm cologne der Branche zur Belebung des Geschäfts im vergangenen Jahr trotz allem gefehlt und richtet sich der Blick nun auf die kommenden Veranstaltungen.

Dass es neben dem Messedoppel imm cologne und LivingKitchen im Januar 2023 bereits im laufenden Jahr weitere Formate geben wird, stellte überdies Matthias Pollmann als Bereichsleiter von der Koelnmesse vor. Siehe dazu die separate Meldung.

Anmerkung:

Die genannten Umsatzzahlen basieren auf den Berechnungen des Statistischen Bundesamts. Hierin werden nur Umsätze von Unternehmen mit Produktion in Deutschland erfasst. Mit Blick auf den Auslandsumsatz waren dies im vergangenen Jahr 5,6 Mrd. Euro (+5%). Die vom Zoll erhobene Außenhandelsstatistik weicht hiervon insofern ab, als der Exportumsatz sämtliche Warenflüsse über die Grenze erfasst, d.h. sowohl von produzierenden Unternehmen als auch von Händlern. Zudem schließt der Exportwert auch die an ausländischen Produktionsstandorten hergestellte Ware mit ein. Diese Statistik weist ein Umsatzplus von 15 Prozent auf 8,4 Mrd. Euro aus, wie Jan Kurth, VDM-Geschäftsführer berichtete.

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