Heute wurde zum 46. Mal der gefürchtete Negativpreis „Plagiarius“ an Hersteller und Händler besonders dreister Plagiate und Fälschungen vergeben. Ausgestrahlt wurde die virtuelle Preisverleihung und Pressekonferenz aus dem Patent- und Markenzentrum Baden-Württemberg in Stuttgart. Termin und Ort wurden bewusst gewählt, um die Aufmerksamkeit auf den jährlich am 26. April stattfindenden „Welttag des geistigen Eigentums“ zu lenken. In ihrer Rede betonte die diesjährige Laudatorin, Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Baden-Württemberg, die herausragende Bedeutung von geistigem Eigentum für die Sicherung von Arbeitsplätzen, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit.
Den ersten Preis für eine besonders dreiste Kopie des Bestecksets „Klikk“ von Koziol aus Erbach erhält Australiens Verlagshaus für Frauenmagazine „Are Media Pty, das ein sehr minderwertiges, in China hergestelltes Plagiat des Bestecks im Rahmen einer Loyaltykampagne einsetzte. Der zweite Preis geht an Abdullah Corporation, Dhaka, Bangladesch, der eine ebenso minderwertige Markenfälschung eines Druckmessgeräts von WIKA Alexander Wiegand aus Klingenberg auf den Markt brachte. Den dritten Preis bekommt Giant Bearing, Jiangsu, VR China, für ein Plagiat des zweireihigen „INA“-Axial-Schrägkugellagers von Schaeffler Technologies aus Herzogenaurach. Darüber hinaus gab es eine Sonderauszeichnung sowie vier weitere gleichrangige Auszeichnungen, die allesamt unterstreichen: „Fake bleibt fake: Kein Marken-Erlebnis, trotz schicker Hülle“. Alle aktuellen sowie mehr als 350 frühere Preisträger-Produkte sind ab dem 29. April im Museum Plagiarius in Solingen zu sehen.
Die Auszeichnung mit dem „Plagiarius“ sage nichts darüber aus, ob das nachgemachte Produkt im juristischen Sinne erlaubt oder rechtswidrig sei, heißt es in einer Pressemitteilung. Ziel der Aktion Plagiarius sei vielmehr, die fragwürdigen - und teils kriminellen - Geschäftsmethoden von Produkt- und Markenpiraten ins öffentliche Bewusstsein zu rücken, und Industrie, Politik und Verbraucher für die Problematik zu sensibilisieren. Bevor die jährlich wechselnde Jury die Preisträger wählt, werden die vermeintlichen Plagiatoren über ihre Nominierung informiert und erhalten die Möglichkeit zur Stellungnahme. Der Jury gehe es nicht darum, legale Wettbewerbsprodukte zu brandmarken, sondern einen kritischen Blick auf plumpe 1:1 Nachahmungen zu richten, die dem Originalprodukt bewusst zum Verwechseln ähnlich sehen und die keinerlei kreative oder konstruktive Eigenleistung aufweisen. Die Trophäe des Schmähpreises ist ein schwarzer Zwerg mit goldener Nase. Letztere symbolisiert die immensen Profite, die ideenlose Nachahmer sprichwörtlich auf Kosten von Kreativen und innovativen Unternehmen erwirtschaften. „Plagiate sind kein Kavaliersdelikt.“
Wie die Aktion Plagiarius betont, wurde das Problem der Produkt- und Markenpiraterie durch die Pandemie zusätzlich befeuert. Laut Europol werden gefälschte Produkte zunehmend über E-Commerce-Plattformen, soziale Medien und Instant-Messaging-Dienste beworben und vertrieben. Alarmierend: Die Skrupellosigkeit, mit der Fälscher immer häufiger extrem minderwertige Fälschungen anbieten, die Gesundheit oder Leben der Nutzer gefährden. Am häufigsten betroffen seien Bekleidung, Parfüms, Kosmetika, Spielzeug, Autoersatzteile, Arzneimittel sowie medizinische und COVID-relevante Produkte wie Testkits oder Schutzausrüstung. Auch die American Apparel & Footwear Association weist besorgt auf teils gefährlich große Mengen an Chemikalien und Schwermetallen bei gefälschter Kleidung, Schuhen und Accessoires hin.
Im Bericht „Global Trade in Fakes“ beziffern EUIPO und OECD den internationalen Handel mit Fälschungen allein für 2019 auf alarmierende 412 Mrd. Euro. Dies entspricht 2,5 Prozent des Welthandels. In Europa liegt der Anteil mit 5,8 Prozent aller EU-Einfuhren nochmal deutlich höher. Die Einfuhren gefälschter Produkte in die EU beliefen sich 2019 auf 119 Mrd. Euro.