Während der Inlandsmarkt schwächelt, legten die deutschen Möbelexporte im ersten Halbjahr 2019 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,4 Prozent auf 5,7 Mrd. Euro zu. Der Absatz in die EU-Länder lag mit plus 3,8 Prozent deutlich über dem Niveau von 2018 und entwickelte sich somit besser als die gesamten Ausfuhren, so VDM-Geschäftsführer Jan Kurth zur Branchenlage. Besonders erfreulich ist die Steigerung der Ausfuhren in den wichtigsten Exportmarkt der deutschen Möbelindustrie nach Frankreich um 9,1 Prozent, auch die Schweiz (+1,3%), Belgien (+10,9%) und Italien (+8,1%) entwickelten sich aus Sicht der deutschen Möbelindustrie positiv. Demgegenüber waren die Möbelausfuhren in so wichtige Absatzmärkte wie die Niederlande (-0,1%) und Tschechien (-4,7%) rückläufig.
Deutlich zu spüren bekam die Möbelindustrie bereits die negativen Auswirkungen der Brexit-Diskussion im bisherigen Jahresverlauf, denn die Möbelausfuhren nach Großbritannien reduzierten sich von Januar bis Juni um weitere 2,1 Prozent. Bereits im Jahr 2018 ging der Absatz deutscher Möbel im Vereinigten Königreich um 5,3 Prozent zurück. Eine fundamentale Besserung der Lage ist angesichts des nach wie vor fehlenden politischen Konsenses zum Brexit und des für Ende Oktober angekündigten Austritts Großbritanniens aus der EU vorerst nicht in Sicht.
Bedeutende Wachstumsmärkte für deutsche Möbel liegen zunehmend auch außerhalb der EU. Besonders hervorzuheben ist die hervorragende Performance deutscher Möbelhersteller in den großen Wachstumsmärkten USA (+9,7%) und Russland (+27,5%). Der US-amerikanische Möbelmarkt steht aktuell im Fokus der Exportaktivitäten des VDM-Arbeitskreises Export. Erfreulich sei aus Branchensicht auch, dass der russische Markt nach einer langjährigen Wachstumsschwäche zu neuer Stärke zurückfinde – kein anderer großer Exportmarkt wächst aus der Sicht der deutschen Möbelhersteller aktuell schneller als Russland. Auch andere außereuropäische Märkte wie Japan, Kanada und Südkorea entwickeln sich derzeit positiv, allerdings bewegen sich die Ausfuhren in diese Länder noch auf einem relativ niedrigen Niveau. Dagegen werden bei den Möbelausfuhren nach China derzeit negative Vorzeichen registriert. Vor dem Hintergrund des Handelsstreits zwischen China und den USA und der Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in China sanken die deutschen Möbelausfuhren ins Reich der Mitte im ersten Halbjahr 2019 um 20,9 Prozent. Nach Einschätzung des VDM drücken aufgrund der Handelsbeschränkungen mit den USA mehr heimische Produkte auf den chinesischen Markt, was Importe abschwächt.
Die Industrieexportquote – dies ist der Anteil der von den heimischen Möbelherstellern direkt ins Ausland gelieferten Ware am Gesamtumsatz der Branche – machte im ersten Halbjahr 2019 32,5 Prozent aus und damit in etwa so viel wie im Vorjahr. Im ersten Halbjahr 2018 lag der entsprechende Wert noch bei 32,6 Prozent. Trotz des minimalen Rückgangs konnte die Exportquote in der Möbelindustrie damit seit der Jahrtausendwende verdoppelt werden.
Konträr die Entwicklung bei den Möbelimporten. Nachdem diese im Gesamtjahr 2018 noch um 0,4 Prozent auf 12,8 Mrd. Euro gestiegen waren, sanken sie im ersten Halbjahr 2018 um 0,7 Prozent auf 6,7 Mrd. Euro. Hier spiegelt sich die aktuell schwierige Marktverfassung wider. Das Außenhandelsdefizit reduzierte sich im gleichen Zeitraum um 17 Prozent auf rund 1 Mrd. Euro. Überdurchschnittlich stark stiegen die Einfuhren aus Asien (+12,2%) und insbesondere aus Vietnam (+22,3%), Indonesien (+16,9%) und Taiwan (+8,4%). Vor allem konnten aber die Importe aus dem zweitwichtigsten Importland China um 11,9 Prozent zulegen. Polen verlor dagegen 1,2 Prozent, blieb jedoch wie in den vergangenen Jahren das mit Abstand wichtigste Möbelherkunftsland. Mehr als jedes vierte nach Deutschland importierte Möbel (26%) stammt inzwischen aus unserem östlichen Nachbarland. Insgesamt gingen die Einfuhren aus den EU-Ländern leicht um 3,8 Prozent zurück. Tschechien war mit einem deutlichen Rückgang von 13 Prozent das drittwichtigste Importland. Trotz der aktuellen Verschiebungen weg von Osteuropa hin zu Südostasien weist die Struktur der deutschen Möbelimporte weiterhin eine hohe Konzentration auf: Allein auf die drei wichtigsten Lieferländer Polen, China und Tschechien entfallen aktuell über 55 Prozent der gesamten deutschen Möbelimporte.
Neben der weiterhin hohen Importkonkurrenz wirken einige Kostenfaktoren verstärkt auf die Branche ein. Insbesondere die steigenden Logistikkosten stellen sich als Renditebremse dar. Die befragten Unternehmen der deutschen Möbelindustrie berichten von einem durchschnittlichen Anstieg der Logistikkosten von sieben Prozent im Vergleich zum Sommer 2018. Die Personalkosten verteuerten sich im gleichen Zeitraum um vier Prozent und die Massivholzkosten um drei Prozent. Dieser Kostenanstieg kann angesichts der Marktmacht auf der Handelsseite oft nur unzureichend in der Kette weitergegeben werden. Nach Einschätzung der Hersteller wird die Konjunktur in den kommenden sechs Monaten zusätzlich durch den Fachkräftemangel (26% aller Befragten), den Brexit (22%), internationale Handelsbeschränkungen (9%), die steigende Rolle von E-Commerce, die Erhöhung der Ausgaben der öffentlichen Hand und eine zunehmende Konsumzurückhaltung beeinflusst.