Jan Philippi leitet ein Unternehmen für Wohnaccessoires und Geschenkartikel in Hamburg. Darüber hinaus ist er Mitglied des EVL-Vorstands. Die „möbel kultur“ fragte ihn nach der Situation in Krisenzeiten bei Fachsortimenten.
möbel kultur: Herr Philippi, Sie kommen gerade aus dem Skiurlaub zurück direkt ins Krisenmanagement hinein. Wie fühlen Sie sich?
Jan Philippi: Obwohl Lenzerheide in der Schweiz kein Corona-Gebiet ist, haben mich meine Mitarbeiter erst einmal in Quarantäne geschickt. Ich habe mich testen lassen, bin aber negativ und habe schnell in den Krisenmodus gewechselt. Letzten Montag hatten wir noch Osterhasen verschickt, die viele Einzelhändler noch unbedingt haben wollten, weil sie zwischendurch nicht lieferbar waren, davon sind jetzt 80 Prozent zurückgekommen, weil 80 Prozent unserer Kunden im Einzelhandel weggebrochen sind. Leider brechen ja nicht nur unsere Vertriebspartner in Deutschland weg, sondern auch im Ausland.
möbel kultur: Was können Sie jetzt tun?
Jan Philippi: Wir versuchen uns im Moment auf den Versand- und Onlinehandel zu konzentrieren. Geschenkartikel werden sicherlich auch dort aktuell nicht laufen, aber Dinge, die das Zuhause verschönern, sind schon gefragt. Da stecken wir unsere Kraft hinein, z. B. um gute Fotos auch von den Verpackungen zu erstellen. Darüber hinaus kümmere ich mich darum, dass wir Kurzarbeit anmelden können, wenn ich denn am Arbeitsamt mal jemanden erreichen könnte.
möbel kultur: Was kommt nach der Krise?
Jan Philippi: Die Welt wird völlig anders aussehen. Ich stelle mir natürlich die Frage, wieviel unserer Einzelhandelskunden noch übrigbleiben und wie ich das Unternehmen in Zukunft führen werde. Ich glaube, dass sehr viele Firmen auf niedrigerem Level mit kleinerer Mannschaft weitermachen werden. Das ist die eine Seite, auf der anderen Seite besteht auch eine große Chance, sich neu aufzustellen, Schwachstellen herauszufinden und jetzt die Baustellen anzugehen.
möbel kultur: Sie haben viele Kontakte in China und Indien. Was hören Sie aktuell von dort?
Jan Philippi: Ich höre, dass die Corona-Krise nach zwei Monaten in China weitestgehend eingedämmt ist. In den Fabriken wird zwar wieder gearbeitet, aber die Schulen sind noch nicht geöffnet. Und ebenso sind viele Geschäfte noch geschlossen. Restaurants sind massenweise in Konkurs gegangen. In Indien geht die Krise jetzt erst los – das wird sicher heftig wegen der dortigen Sanitärbedingungen.
möbel kultur: Wird es auf der Beschaffungsseite Probleme geben?
Jan Philippi: Das wird sehr unterschiedlich sein. Wir haben kürzlich mal beim EVL geschaut, wie stark die Unternehmen von China abhängen und sind bei einer Lieferantenquote von 50 Prozent angekommen. Ich war überrascht, wie sehr in dem Verband doch noch die europäischen Netzwerke gepflegt werden und wieviel auch noch in Deutschland produziert wird. Dennoch ist es jetzt für viele schwierig, Entscheidungen zu treffen, wieviel Stückzahlen von bestimmten Artikeln produziert werden sollen. Von einem Artikel, von dem ich sonst 5.000 Stück in Auftrag gegeben habe, würden mir vielleicht auch 1.000 reichen, doch dafür können die Maschinen nicht kostengünstig fertigen. Bestelle ich 5.000 bleibe ich unter Umständen auf dem größten Teil sitzen. Das sind im Moment schwierige Entscheidungen.