Die Branche nutzt in diesen Tagen die Chance des persönlichen Austauschs. Ohne die großen Messen zum Jahresbeginn fehlte die Möglichkeit, sich abzustimmen und Einfluss darauf zu nehmen, wie sich das Business in den kommenden Monaten entwickelt. Die Funktion einer „Themenmesse“ übernehmen die Partnertage nun, so gut es geht, schließlich ist der Fragenkatalog zur weiteren Einrichtungskonjunktur so dick wie lange nicht.
Denn für die Branche bricht nun eine neue Phase an. Die vergangenen zwei Jahre waren kräftezehrend, aber die Sonderkonjunktur hat über vieles hinweggetröstet. Die Sorgenfalten sind größer geworden, denn insbesondere die Segmente, die auf den Partnertagen im Fokus stehen, leiden unter den Preissteigerungen auf allen Ebenen besonders. Die Rohstoffe und die Logistik liegen preislich weiterhin auf Rekordniveau. Nun kommen diese Preissteigerungen aber bei den Verbrauchern an und in den einkommensschwachen Milieus würgt die Inflation bereits den Konsum ab. Der Discount steht somit enorm unter Druck und nutzt unter anderem wieder verstärkt das Instrument Kurzarbeit, um gegenzusteuern, während es auf der Großfläche noch gut läuft.
Deshalb geht es auf den Partnertagen aber auch weniger darum, neue Artikel aufzunehmen. Schließlich ist die M.O.W.-Ware teilweise noch gar nicht bei den Verbrauchern angekommen und der Hang die Lager nun bis unters Dach zu füllen, ist aufgrund der volatilen Lage nicht mehr so ausgeprägt. Die 120 Marken und Firmen, die noch bis morgen, den 3. Februar, ausstellen, benötigen für die Bestandsware allerdings höhere Preise. Deshalb werden alte Modelle aktuell entweder abgemeldet oder mit neuen Preisen ausgezeichnet – und das nicht zum ersten Mal in den vergangenen Monaten. Am Ende liegen die Preiserhöhungen in einem Korridor von 15 bis 25 Prozent. Der Handel schluckt diese Kröte, weil er akzeptiert, dass die Lieferanten ja gar nicht anders können, und am Ende bibbern beide Seiten gemeinsam, ob die neue Preisstruktur nun nicht nur das Ende der Sonderkonjunktur bedeutet, sondern möglicherweise sogar zu einer Konsumflaute führt.
Die Eckpreislagen sind längst gefallen. Die Großfläche reagiert darauf, indem sie Ware aufnimmt, die bisher den Discountern vorbehalten war und schöpft aus der unteren Mitte alles ab, was passt. Oftmals geht es darum, Modelle mit einigen Features wertiger zu machen – vom Fuß bis zur Farbe. Dem Discount kann auch das nicht gefallen, schließlich verliert er damit Alleinstellung. Pikanterweise führt dieses neue Orderverhalten der Großflächen in einigen Gruppen-Konstellationen zu einem verschärften internen Wettbewerb um die besten Modelle. Darüber hinaus verfestigte sich der Eindruck, dass JuWo-Vertriebsschienen wie Mömax (XXXLutz) derzeit am besten positioniert sind – sie bieten trendige Ware zu kompetitiven Preisen. Genau das, was die Verbraucher gerade suchen.
Wer auf Lieferantenseite jetzt also das gewisse Etwas bieten kann, hat gute Karten bis morgen noch Ware zu verkaufen. Dazu gehören sicher die MCA-Unternehmen inklusive Xonox. Bei MCA hat die neue Geschäftsführung souverän übernommen, während Christian Chemnitz und Ulrich Heitmann ihre Rolle als Older Statesmen bzw. beratende Gesellschafter eingenommen haben. Aber auch Trendteam hat sich nach dem Aderlass Mühe gegeben, einige Treffer zu landen. Finori beweist wieder einmal ein Händchen dafür, das untere Preissegment sehr trendig erscheinen zu lassen. Für Farbtupfer und Einrichtungsgegenstände mit Stil sorgen unter anderem Actona, Brix, Carla & Marge, Tradepoint und andere. Klar im Vorteil sind diejenigen, die jetzt mit kurzen Lieferzeiten punkten können wie zum Beispiel Mäusbacher mit sensationellen drei Wochen. Denn der Logistikknoten hat sich noch nicht gelöst und wer die Hoffnung hegte, dass das Schlimmste mit dem chinesischen Neujahr überstanden ist, sieht sich getäuscht. Grundlegend ändere sich die Situation erst bis Ende 2023, sagt beispielsweise Quadrato-Chef Claudius Gansbühler, der als Indien- und Vietnam-Importeur, die Lage gut einschätzen kann. Aber die Sourcing-Strukturen mal eben so umstellen, kann niemand so einfach, der sich in seiner Nische positioniert hat. Auf Handelsseite hat Home24 einen überraschenden Vorteil. Aufgrund der Handelsaktivitäten in Brasilien hat der Online-Händler Zugriff auf die leistungsstarke Industrie in dem südamerikanischen Land. Insbesondere die dortige Kiefer lässt sich vielseitig verwenden und bietet somit attraktive Alternativen zur Sortimentsgestaltung. Bisher war das Geschäft mit Brasilien aufgrund von Zollbestimmungen und wegen der im internationalen Vergleich hohen Preise schwierig. Das relativiert sich nun.
Es geht also darum, aktuell seinen eigenen Weg durch die Wertschöpfungskette zu finden. Das ist auch das Stichwort in Sachen Konzentration, denn die Begros-Krieger-Kooperation zeigt auf den Partnertagen noch keine große Wirkung. Beide Gruppierungen sind auf den Partnertagen allein unterwegs. Das wird sicher nicht so bleiben, aber in der Kürze der Zeit und bei der Vielzahl der aktuellen Herausforderungen geht man in Berlin und Oberhausen erstmal auf Nummer sicher.
Das Jahr 2022 wird demnach das dritte kräftezehrende Jahr in Folge sein. Und das dritte Jahr in Folge, das wieder unter ganz anderen Vorzeichen als die beiden vorherigen steht. Gerade hat in China das Jahr des Tigers begonnen. Laut dem chinesischen Horoskop steht die Raubkatze für Mut, Abenteuer, Optimismus, Durchsetzungskraft und Risikobereitschaft. Das sind zwar nicht die Attribute, die in der deutschen Gesellschaft und Politik gerade hoch im Kurs stehen. Aber vielleicht geht ja die Möbelbranche mit gutem Beispiel voran. Die Möglichkeit, um Dinge im persönlichen Gespräch anzuschieben, gibt es noch bis morgen im Messezentrum von Bad Salzuflen.