Im Rahmen der 3. „Living & Home“, die am Mittwoch und Donnerstag in Frankfurt/Main über die Bühne ging, hat sich Dr. Markus Wagemann, Vorsitzender 1. Beschlussabteilung des Bundeskartellamts zu den aktuellen Entwicklungen in der Möbelbranche geäußert. Als Medienpartner der Veranstaltung war auch die „möbel kultur“ exklusiv vor Ort und konnte den Experten zum laufenden Verfahren (siehe Online-News vom 24.10.2018) gegen die Möbeleinkaufskooperation VME Union und dem geplanten Beitritt der KHG befragen.
Geprüft werden bei so einem Verwaltungsverfahren unterschiedliche Sachverhalte. Dazu zählt unter anderem das Verhältnis, die Abhängigkeit zwischen Handel und Hersteller, also der Beschaffungsmarkt. Hier überlegt das Bundeskartellamt, den Küchenbereich künftig eventuell gesondert unter die Lupe zu nehmen. Zudem werde in räumlicher Hinsicht geprüft, wie sich die Wettbewerbssituation innerhalb eines Radius von 50 bis 60 km bzw. in einer Fahrzeit von 45 Minuten darstellt – oder auch in welchem Bereich ein Händler wirbt. Ab einem Anteil von rund 40 Prozent wird eine Marktbeherrschung vermutet. Bei einem Marktanteil von 50 bis 70 Prozent kann eine Fusion mit ziemlicher Sicherheit untersagt werden.
Die geplante Fusion von VME und Union befindet sich bereits seit einem Jahr in der Vorprüfung, erläuterte Dr. Wagemann. Der jetzt zusätzlich geplante Zugang von Höffner inklusive Finke war für das Bundeskartellamt dann endgültig der Anlass, sich das Konstrukt genau anzusehen. Das sei immer so, wenn ein Marktanteil von 15 Prozent überschritten wird. Durch diese neuen Entwicklungen wachse dieser erheblich. Dabei hat das Bundeskartellamt auch die Kooperation mit der MHK im Blick. Insgesamt sei das Verfahren allerdings noch ergebnisoffen, betonte Dr. Wagemann. Gleichwohl hat das Bundeskartellamt die Beteiligten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es 2018 noch keinen Konditionenabgleich geben dürfe. Denn wenn entschieden werden sollte, dass der Zugang der KHG nicht stattfinden darf, dann seien die Beteiligten nach wie vor Wettbewerber.
Um den Markt besser durchleuchten zu können, verlässt sich das Bundeskartellamt nicht nur auf eigene Recherchen. Demnächst werden Fragebögen an Verbände und Industrie verschickt. „Wir sind auf informelle Schilderungen angewiesen“, fordert Dr. Wagemann Handel und Industrie auf, sich zu äußern. „Die VME Union-Prüfung soll auch ein Signal in den Markt sein. Dabei wird das Verfahren noch einige Monate in Anspruch nehmen.“ 2018 wird nicht mehr mit einem Ergebnis gerechnet.
Deutlich wurde in dem Vortrag und der folgenden Podiumsdiskussion mit Dr. Markus Wagemann und Verbandskenner Andreas Varnholt, zuletzt Geschäftsführer von Alliance, dass das Bundeskartellamt die Möbelbranche, den Handel bzw. die Verbände derzeit stark im Visier hat – und auch gut informiert ist. Selbstverständlich werden z. B. auch sämtliche Zukäufe von XXXLutz geprüft. Vor allem in Süddeutschland wird es eng für die Österreicher, und auch der Poco-Deal wird genau in Augenschein genommen.
Die Ausführungen wurden vom Publikum mit großem Interesse verfolgt. Doch selbstverständlich hatte die „Living & Home“ noch mehr zu bieten. u. a. mit Vorträgen von Manuel Müller (Bettzeit), Jan Filler (Otto), Dr. Benno Zerlin (Westwing), Kirk Mangels (MHK Group), Thomas Lörsch (Kika/Leiner) oder Dr. Malte Dous (Wayfair). Durch die Veranstaltung führte gewohnt souverän, wie bereits in den letzten Jahren Sebastian Deppe, Mitglied der Geschäftsleitung der BBE Handelsberatung. Veranstalter war der Management Circle. Lesen Sie mehr dazu in der November-Ausgabe der „möbel kultur“.
(In einer früheren Version dieser Meldung hieß es, dass die Fragebögen an Verbände und Industrie zum Thema VME/Union bereits verschickt wurden. Das ist jedoch nicht korrekt.)