Der Countdown für den ersten Kieler Bürgerentscheid läuft. Plakate Pro- und Contra-Möbel-Kraft-Ansiedlung auf dem Gelände der Kleingartenanlage "Prüner Schlag" säumen die Straßen der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt. Am 23. März stimmen alle Bürger ab 16 Jahren darüber ab, ob die Planung für den Möbel Kraft- und Sconto-Bau fortgeführt oder eingestellt wird. Parallel dazu wählen die Kieler einen neuen Bürgermeister.
Auf "Ja"-Stimmen beim Bürgerentscheid hofft die Initiative um Ulrike Hunold, BUND-Kreisvorstand, Jan Barg, Einzelbewerber um das Amt des Oberbürgermeisters, und Björn Sander, früherer Umweltsprecher der Grünen im Rathaus, die mit ihrer Unterschriftenaktion den Bürgerentscheid erst möglich machte. Denn "Ja" bedeutet "Nein" zu Möbel Kraft.
"Knödel-Saft - Garten-Abwrack-Kommando" steht auf der Weste von Dr. Andreas Galka, der am vergangenen Sonnabend in Kiel für ein "Ja+ ... für die Grüne Lunge am Westring" warb. Mit Info-Ständen und -Veranstaltungen, Briefaktion und Demonstration versuchen die Initiatoren mit ihren Argumenten zu überzeugen: denn der geplante Standort ist Teil des Kieler Grüngürtels und ein besonders artenreiches Biotop.
Das Gelände liegt ca. 3 km von der Innenstadt entfernt. Die Gegner des Projekts befürchten deshalb einen zweistelligen Millionen-Verlust für die Geschäfte in der City aus. Die CIMA Beratung + Management GmbH, die das Verträglichkeitsgutachten dazu erstellt hat, geht allerdings von einem Umsatzabzug - über alle Sortimente - in Höhe von 3,35 Mio. Euro pro Jahr aus. Bei alleiniger Betrachtung der zentrenrelevanten Randsortimente (Gardinen, Heimtextilien, GPK-/Geschenkartikel, Hausrat und Elektrogeräte/Leuchten) kommt die CIMA sogar auf eine reduzierte Summe von nur 2,95 Mio. Euro pro Jahr.
Die Initiative gegen Möbel Kraft bringt aber noch andere Argumente ins Spiel. Weil die beiden Einrichtungshäuser Mieter der Krieger Immobilien GmbH mit Sitz in Berlin sind, die in Kiel keine Steuern zahlt, halten die sie z. B. das Argument der Steuereinnahmen für überbewertet.
Und auch das der neuen Arbeitsplätze sticht ihrer Meinung nach nicht wirklich, weil von den 250 in Aussicht gestellten Arbeitsplätzen viele bei Möbel Kraft in Bad Segeberg und bei Sconto in Schwentinental, der schließen wird, wegfallen.
Sie seien nicht grundsätzlich gegen Möbel Kraft in Kiel, stellen die Bürgerentscheid-Initiatoren aber auch fest, nur an eben an diesem Standort in Kiels "Grüner Lunge". Das bisherige Planungsverfahren kritisieren sie als "Musterbeispiel von Hinterzimmerpolitik und professioneller Irreführung der Öffentlichkeit". In seltener Einmütigkeit hatten SPD, CDU, Grüne, SSW und FDP den Verkauf des Grundstückes mit den Kleingartenparzellen an Möbel Kraft befürwortet. Den späten Einstieg in das Bürgerbegehren begründen sie damit, dass es in Schleswig-Holstein erst seit Februar 2013 die gesetzliche Möglichkeit gibt, auf diese Art in Bauprojekte einzugreifen.
Zum Endspurt informieren "Ja"-Aktivisten an Infoständen am Freitag, 21. März, ab 12 Uhr in der Holtenauer Straße/Ecke Beseler und am Sonnabend, 22. März, ab 9 Uhr am Exerzierplatz/Knooper Weg sowie am Berliner Platz. Über bisherige Aktionen informiert unsere Bilderstrecke.