Um zwölf Prozent auf 15,6 Mrd. Euro Umsatz (währungsbereinigt +14 %) ist die BSH im vergangenen Geschäftsjahr gewachsen. Dies gab das Management unter Führung von CEO Dr. Carla Kriwet heute beim virtuellen Jahrespressegespräch bekannt. Damit war 2021 das erfolgreichste Jahr in der Unternehmensgeschichte – trotz aller Herausforderungen. Wobei der Konzern diese in aller Härte zu spüren bekam: von den Lieferproblemen bei Materialien und insbesondere Halbleitern, die in den Werken weltweit immer wieder für Produktionsunterbrechungen gesorgt haben, über Preiserhöhungen und ungünstige Wechselkurse bis zum Krieg in der Ukraine. Letzterer ist laut Kriwet „die größte Herausforderung“, zumal eine eigene Vertriebsgesellschaft in der Ukraine mit 70 Beschäftigten sowie zwei Werke in St. Petersburg betroffen sind. 1.100 Mitarbeiter:innen stellen in Russland Kühlschränke und Waschmaschinen her. Die Produktion ist inzwischen eingestellt, es werden auch keine Geräte importiert, allein der Service werde aufrechterhalten. Wobei alle Mitarbeiter zunächst weiterbezahlt werden. Der Verlust des Russland-Geschäfts liege unter 5 Prozent des Umsatzes (also unter 780 Mio. Euro), so lautet die offizielle Angabe.
Mit Blick auf das gesamte Ausland (>80% vom Gesamtumsatz) konnten jedoch alle Großregionen Zuwächse vorweisen: Europa legte um 9 Prozent zu (Deutschland sei zweistellig gewachsen), Amerika kam sogar auf 23 Prozent Plus und Asien/Pazifik verbesserte sich um 18 Prozent. Für das Management zählt deshalb vor allem eins: strategisch breit aufgestellt zu sein. Dies gilt sowohl für die Märkte als auch das Marken- und Produktportfolio, das sich klar auf die regionalen Bedürfnisse der Menschen einstellt. Dies sei eine besondere Stärke der BSH. Vor allem in die Märkte zu investieren, in deren Mittelschicht der Wohlstand und damit die Kaufkraft steigen, gilt der Fokus. In China, wo die BSH ihre größte Produktion angesiedelt hat und der führende ausländische Geräteproduzent ist, blieb das Wachstum mit 17 Prozent auch 2021 deutlich auf sehr hohem Niveau. Neben USA und Kanada in Nordamerika weitet der Konzern auch in Südamerika seine Aktivitäten aus. Ende des Jahres geht eine Kühlgerätefabrik in Mexiko mit 1.500 Mitarbeitern in Betrieb. Indien, das mit über 1 Mrd. Einwohnern 27 Prozent mehr Umsatz einbrachte, wird durch den Ausbau der Waschmaschinen- und Kühlschrank-Produktion in Chennai weiter gestärkt. Aber auch in kleinere Märkte mit potenzieller Zunahme der Nachfrage werde investiert, stellte Matthias Ginthum, Chief Markets Officer, in Aussicht. Und bekanntlich entsteht gerade ein neuer Standort bei Kairo in Ägypten – als Brücke zwischen Nordafrika und dem Nahen Osten. Dies führt dazu, dass auch die Zahl der Mitarbeiter weltweit auf aktuell 62.400 Beschäftigten zunahm. Rund 15.000 arbeiten allein im Kundendienst.
Stärkster Umsatztreiber unter den Produktkategorien war 2021 der Bereich Kältetechnik mit einem Zuwachs von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, gefolgt von der Produktkategorie Kochen (Backöfen +14 Prozent, Kochfelder und Ventilation +13 Prozent). Der Bereich Spülen konnte um 7 Prozent zulegen. Positiv entwickelten sich auch Wäschepflege sowie die Consumer Products wie Kaffeevollautomaten, Küchenmaschinen und Staubsauger mit 9 Prozent Plus.
Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung stiegen im Jahr 2021 um 47 Mio. Euro auf 755 Mio. Euro bzw. 5 Prozent des Gesamtumsatzes – mit drei Schwerpunkten: konsumentenzentrierte Innovationen, IoT-Lösungen (Connectivity) und Digitalisierung der gesamten Wertschöpfungskette sowie Aufbau einer funktionsfähigen Kreislaufwirtschaft. Beispiele für innovative Produkte sind der selbstlernende Geschirrspüler, der sich auf die Vorlieben der Nutzer:innen einstellt und zugleich den Strom- und Wasserverbrauch optimiert, der „SmartGrow Life“ fürs Indoor-Gardening und die „foodfittery App“, die mit Rezeptideen für weniger Lebensmittelverschwendung unterstützt.
Nachhaltigkeit in der Konzernphilosophie zeigt sich in mehrfacher Hinsicht: Bereits seit 2020 sind alle BSH-Standorte weltweit CO2-neutral. Zudem sollen bis 2025 alle Geräte zu mindestens 25 Prozent aus Rezyklaten bestehen (bis 2030 zu 50 Prozent) und der Anteil wiederverwertbarer Materialien in den Geräten bis 2025 auf mindestens 80 Prozent und bis 2030 auf mindestens 95 Prozent erhöht werden. Neue Geschäftsmodelle wie das kürzlich in Österreich gestartete „Refurbished“-Pilotprojekt mit wiederaufbereiteten Bosch-Waschmaschinen gelten ebenso als wegweisend wie das Abomodell „BlueMovement“ für Miet-Waschmaschinen in den Niederlanden und Deutschland. Vielversprechend verlaufe auch die Studie mit dem Fraunhofer Institut, bei der recycelter Kunststoff die Geschirrspüler-Gehäuse aus Metall ersetzen soll. Neben der neuen Loxone-Energiemanagement-Lösung im Haus seien jedoch Langlebigkeit und die mindestens zehnjährige Verfügbarkeit von Ersatzteilen vorrangige Mittel der Nachhaltigkeit, wie Carla Kriwet betonte.
Seinen ersten Auftritt vor der Presse hatte heute auch Lars Schubert, der als COO seit 1. April im Konzern ist und als ehemaliges Mitglied der Geschäftsführung in China den direkten Draht nach Asien hat und nicht nur weiß, wie ein Bosch-Geschirrspüler Wok und Stäbchen sicher unterbringt. Als wichtigste Herausforderung kommt auf ihn bzw. den Konzern insgesamt zu, Einkauf und Logistik zu optimieren, aktuell das A und O für weiteres Wachstum. Denn trotz der steilen Entwicklung haben die Schwächen in der Lieferkette insbesondere in der zweiten Jahreshälfte zu Umsatzeinbußen geführt, wie CFO Dr. Gerhard Dambach erklärte. Wie weit sich dies im laufenden Jahr noch auswirkt, sei derzeit unklar. Preiserhöhungen für April und Juni (8% für Einbaugeräte) wurden bereits angekündigt. Bei ihrer Prognose für 2022 geht Konzernchefin Dr. Carla Kriwet bislang noch von etwa 5 bis 8 Prozent Plus aus.