Im Prozess gegen ehemalige Schieder-Manager wegen Betrugs kommen immer kuriosere Fakten zutage, die gestern sogar weit weg vom Ostwestfälischen ins Reich der Mitte führten. Beim Prozesstag vor dem Detmolder Landegericht stand besonders ein Dokument im Fokus des Richters Michael Reineke, berichtet die "Neue Westfälische" von heute. Dabei handelt es sich um die Bestätigung, dass Schieder Pioneers an Directa IMK eine Rechnung für Patente und Software in Höhe von gut 4,4 Millionen Euro übergeben hatte. Der Richter bezweifelte die Echtheit des roten Stempels aus China und befragte dazu den Zeugen Thomas R., der damals von Rolf Demuth engagiert worden war für den Markteinstieg. "Reineke wollte wissen, wie es die Schieder-Tochter Directa IMK im März 2006 schaffte, ihren Verlust von vier Millionen Euro auf Null zu bringen, indem sie ihre Markenrechte an das in China mit einem chinesischen Partner gegründete Gemeinschaftsunternehmen Schieder Pioneer (nahe Changzhou) für gut 4,4 Millionen Euro verkaufte. Die Directa wurde später liquidiert", heißt es in der NW.
Zeuge Thomas R. hielt diesen Verkauf von Markenrechten in China als "utopisch hoch". "Da hätten sie ein großer Chiphersteller sein müssen." Zwar habe es einen Vertrag über das Joint Venture gegeben, bei dem Schieder 60 Prozent der Anteile erhielt und dafür zwei Millionen Dollar als Stammkapital einbringen sollte. Dazu habe neben Geld- und Sachleistungen auch das Know-how gezählt. Doch von den gut 4,4 Millionen Euro habe der Zeuge nichts gewusst. Michael Reineke bohrte weiter nach: "Wer hätte die Bescheinigung über die Summe mit dem Stempel denn besorgen können." Der Zeuge wäre 2.000 Kilometer von Changzhou entfernt gewesen, was er mit Hilfe von Reiseunterlgen belegen konnte. Und ergänzte: Selbst Demuth und der Senior Chef von Pioneer hätten nach Ansicht von Thomas R. diese Bescheinigung nicht erhalten können. Zur Frage, ob der Stempel echt sei, antwortete Thomas R.: In China gebe es nur eine rote Farbe für Stempel. Man müsste sie dagegen halten. Ein zweites Formular bestätige die Forderung - doch Datum und Unterschrift fehlten.
Dass Richter Michael Reineke gut daran tat, in der Sache nachzubohren, zeigte sich später als der Geschäftsführer der Demuth Zentralverwaltung, Heinz R., dazu Stellung nahm: Auf eine Anfrage in China nach der offenen Rechnung sei prompt die Antwort gekommen: "Das Geschäft ist uns nicht bekannt."